Guten Morgen zusammen!
Hier hat es dann mal wieder einen Zusammenstoß zwischen Staren und Seglern gegeben. Verloren hat die wohl alleinfütternde Starenfrau. Das Nest befindet sich in einem " normalen" Starenkasten, den ich im letzten Frühjahr als Ausweichquartier für Stare auf der Kolonie-abgewandten Ostseite des Hauses aufgehängt habe.

- Die Ostseite, eigentlich für Stare gedacht. im unteren Kasten befand sich in diesem Jahr die erste Starenbrut, im letzten Jahr aber auch schon ein VP.
Da die Brutvorbereitungen schon Ende Februar/ Anfang März begannen, hatte ich gehofft, dass die JV ausgeflogen sind, bevor das VP zurückkommt. Bei einer Kontrolle Mitte April fand ich das Starenweibchen überraschenderweise erst auf Eiern brütend vor. Ein bis zwei Tage später lagen Reste eines geschlüpften Eies unter dem Kasten. Kurz darauf das Eintreffen der ersten Welle. Erst mal schien es gut zugehen. Die Stimmen der bettelnden JV wurden immer kräftiger und die Segler ließen den Kasten offensichtlich in Ruhe.In der Hoffnung, dass VPs etwas später kommen und nicht so gezielt vorgehen, entspannte ich mich etwas. Am 3.5. sah ich abends dann einen Segler gezielt den Kasten ansteuern. Die Jungstare, wohl in Erwartung von Futter, schrien wie immer laut los. Der Segler prallte regelrecht ab und suchte das Weite. Ich begann mich in Zweckoptimismus zu üben. Wenn das immer so funktionieren würde...
Tat es dann aber nicht. Am nächsten Morgen wurden wir durch das klagende Fiepen eines MS geweckt. Der Segler war offensichtlich auf den hudernden Star gestoßen und wurde jetzt im Kasten angegriffen. Noch bevor ich überhaupt am Fenster war, wurde es wieder still. Kurz darauf warnende Starenrufe - außerhalb des Kastens. Der Star saß vor dem Kasten, blickte immer wieder hinein, traute sich aber offensichtlich nicht mehr auf das Nest. Das ging bis mittags mehrfach so, dann gab er/sie auf und verschwand.
Am Nachmittag holte ich die Leiter, um aufzuräumen. Kein schönes Gefühl, soviel sei gesagt. Als ich beim Aufstellen mit der Leiter an den Kasten stieß, plötzlich Bettel-Laute der Jungstare. Sollten doch welche überlebt haben???
Als ich den Kasten vorsichtig öffnete, ein überraschender Anblick: ein MS saß auf den Staren als wenn er sie hudern wollte. Also Kasten wieder zu und auf das Ausfliegen des Seglers warten, um die Stare zu bergen. Nachdem 45 Minuten nichts geschah, war meine Geduld am Ende. Wieder die Leiter hoch und den Kasten vorsichtig geöffnet. Der gleiche Anblick. Als ich vorsichtig unter den Segler griff, wich dieser meiner Hand aus und hängte sich ein paar cm weiter an die Seitenwand. Er blieb dort, bis ich die Stare herausgenommen und den Kasten wieder verschlossen hatte.

- Im Kunstnest, aus hygienischen Gründen auf Zellstoff.
Es waren nur zwei recht verschieden große Stare. Der mögliche Grund wurde ein paar Minuten später sichtbar. Der größere hatte mindestens 20 kleine Wanzen (ähnlich denen, die wir von den Mehlschwalbennestern kennen) am Körper, besonders unter den Flügeln. An einer Seite eine eingetrocknete braune Flüssigkeit, wohl verdautes Blut. Der kleinere Star wars frei von diesen Untermietern.
Die beiden erhielten ein Nest in einem ausrangierten Brutkasten für Reptilieneier und wurden mit den gefüttert, was die Futtertierzucht so hergab. Sie erholten sich schnell und wechselten am nächsten Tag zu der Frau, die seinerzeit auch unsere jungen Rotkehlchen zur Auswilderung übernommen hatte.
Dazu der Hinweis auf die Wanzen und eine Spende zur Futterfinanzierung ( Lehrgeld, das hier sicher fair angelegt ist)

- Die Fütterung erwies sich, nachdem sie aufgewärmt und von Parasiten befreit waren, als nicht allzu schwer.
So weit so gut könnte man sagen. Das Nest im Kasten erhielt einen Sprühstoß Ardap® unter die Unterlage. Der Segler ist geblieben und die Stare sind wohl gerettet. Bei dem Parasitenbefall hatten sie schon ohne den Segler keine großen Überlebenschancen. Ich gehe davon aus, dass es weitere JV gab, die das nicht überstanden haben und von der Mutter entsorgt werden mussten. Auch für einen Seglerbrutplatz wäre es ganz eng geworden.
Der Segler hatte sicher nicht die Absicht, die JV zu wärmen. Wahrscheinlich hat ihnen geholfen, dass sie sich so still verhielten. Bei Bewegung hätte er wohl weiter zugegriffen. Einige kleinere Kratzer an Kopf, Rücken und einem Flügel hatten sie, die zu den Krallen des Seglers passen. Zum Glück nicht mehr.
Die gravierendste Lehre aus diesem Zwischenfall: Nistkästen IMMER nach der Brutzeit reinigen. Es hatte vor dem VP eine erfolgreiche Starenbrut in diesem Kasten gegeben. Ich hatte immer das VP im Kopf, die Brut der Stare vergessen. Ich gehe davon aus, dass ohne Eingreifen in diesem Kasten weder Star noch Segler hätten erfolgreich brüten können. Außerhalb des Kastens können Stare Segler oft abwehren, da sie bei langsamerer Fluggeschwindigkeit besser manövrieren können. Wenn sie aber erst mal im Kasten sind, haben Mauersegler wohl stets die Oberhand. Starenpaare mögen eine Chance gegen Segler haben, alleinerziehende Weibchen sind jedoch chancenlos! Also wenn möglich solche Kästen bis zu Ankunft der Segler verschließen.
Aktuell versuche ich, den Staren Kästen so aufzuhängen, dass sie für Segler uninteressant sind. Wenn das klappen sollte, werde ich berichten. Ich werde das den ganzen Sommer im Auge behalten. Bisher haben die Mauersegler sich nie an meine Ansichten gehalten und vier von sechs ganz normalen Starenkästen eingenommen. Dazu den alten "Starenkasten", der mit drei Plätzen inzwischen fester Teil der Kolonie ist. Bisher haben sich die Segler da viel flexibler erwiesen als ich es erwartet habe. Im Interesse der Stare wäre ich aber nicht traurig, wenn sie sich dieses Mal an meine Erwartungen halten würden.
LG H.-G.