Teil 1: Der Giebelkasten (fast ein Roman

)
Anfang der 2000-er Jahre hatte ich zum ersten Mal einen halbherzigen Versuch unternommen, um Mauersegler bei mir anzusiedeln. Nach heutigem Wissen war der Versuch zum Scheitern verurteilt, da ich den Kasten, den ich unter der Dachtraufe anbrachte, viel zu versteckt und unauffällig anbrachte. So war auch der Erfolg gleich Null (ok - Kohlmeisen und Stare fanden den gar nicht so schlecht

).
2007 kam es in dem Nachbarhaus, in dem ich seit meiner Kindheit immer Mauersegler einfliegen sehen konnte, zu einem Besitzerwechsel. Da umfangreiche Renovierungsarbeiten anstanden machte ich mir Sorgen, ob die Nistplätze erhalten werden könnten (sie wurden erhalten, was ich aber zu dem Zeitpunkt nicht wusste).
Nach dem Misserfolg des 1. Kastens erschien mir Höhe der mögliche Schlüssel zum Erfolg. Ich baute einen 3-Etagen-Kasten, den ich von außen vor das Giebelfenster hängte. Im Falle einer Ansiedlung hätte ich die Bewohner vom Dachboden aus durch das Fensterglas beobachten können. Der Kasten wurde mehrfach modifiziert (runde Einfluglöcher, 3x6 cm Einfluglöcher erst auf dunkelem, dann auf weissem Grund, Lockrufe neben dem Kasten, später aus einer Nistkammer). Die Einfluglöcher auf weissem Grund führten zu ersten erkennbaren Flugänderungen der am Nachbarhaus fliegenden Suchergruppen.
Erst 2011 kam es zu ersten Einflügen - ein Traum schien in Erfüllung zu gehen! Die Enttäuschung folgte auf dem Fuß: 2 Brutversuche in der unteren Nestkammer endeten mit zerstörten Gelegen. Ich hatte damals Nesträuber in Verdacht. Heute weiß ich, dass die Mauersegler das bei innerartlichen Kämpfen selbst erledigt haben.
Wohl angeregt durch die Bilder, die ich im Internet von Erich Kaisers Dachbodenkolonie fand, kam mir die Überlegung, ob es nicht besser wäre, die Nistkammer geschützt auf dem Dachboden anzubringen und die Segler vom Fenster aus dahinzuleiten. Hier wäre dann ja auch mehr Platz, durch die Dämmung des Daches auch besserer Temperaturschutz. Das Fenster könnte dann ja solange der Kasten benötigt wird, ausgehängt werden.

Nach einigem Überlegen baute ich ein dreiteiliges System für 6 Nistplätze. Der erste Teil (äußerer Durchgang) besteht aus einer Platte, die vor der Fensteröffnung befestigt wird. Oben auf der Platte ist ein überstehender Blechstreifen befestigt, der Regenwasser das von der darüberliegenden Wand herunterläuft, abtropfen lassen soll (Westseite!). In der Platte befinden sich 6 Einflugöffnungen für MS, dahinter regalartig Bretter, die die Vögel in drei "Etagen", die in der Mitte geteilt sind, bis zur Tiefe des Fensterrahmens leiten. Dahinter schließt der innere Durchgang an, ebenfalls eine Art Regal, das die Bewohner bis zum Nistkasten weiterleitet. Dahinter folgt schließlich der eigentliche Nistkasten, 6 Kammern in 3 Etagen, jede ca. 25cm x 45cm, 20 cm hoch. Die Nistmulden aus 3cm starkem Schaumstoff befinden sich jeweils in den dunkelsten geschützten Ecken. Die Rückwand besteht aus Glasscheiben, die in einer Nut laufen und die ich bei Bedarf aufschieben kann, die ich natürlich auch für Beobachtungen oder zur Kontrolle nutzen kann. Mit einem Vorhang aus schwarzen Fleecedeckenstreifen kann ich den Kasten abschirmen, falls auf dem Dachboden mal Licht gemacht werden muss.

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2012 flog ein Paar gleich die Einflugöffnung an, die an der Stelle der im letzten Jahr belegten Kammer lag (Kammer 6, unten links). Die Veränderunden im Innenraum schienen sie nicht (wesentlich) zu stören. Es kam zu einer Brut, 3 Eier, aber nur ein Jungvogel. Leicht abweichend gefärbt mit mehr weiss an den Federspitzen. Gelegentliche Einflüge besonders in die beiden oberen und unteren Öffnungen gab es fast täglich.
2013 wurden die beiden unteren Kammern belegt, je 3 Eier. Nach einem schweren Kampf in Kammer 6 wurde jedoch das Nest in Kammer 5 verlassen. Ich vermutete schon damals einen Fehleinflug, es kann aber auch sein, dass mein Trennen der Kontrahenten (einer hing mindestens 20 Minuten im Eingang fest) dafür verantwortlich war. Wieder wurde in Kammer 6 ein Jungvogel flügge, der aber wie alle seine weiteren Nachfolger normal gefärbt war.
Um die Gefahr weiterer Fehleinflüge zu verringern beschloss ich, die Einflugöffnungen optisch verschieden zu gestalten. Bisher war über jeder Öffnung eine dünne Leiste schräg angebracht, die an der Front herunterlaufendes Regenwasser an den Öffnungen vorbeileiten sollten. diese "Regendächer" wurden nun verändert, Kammer 6 behielt die alte Leiste.
2014 und -15 wurden die diagonal gegenüberliegenden Kammern 1 und 6 belegt. 2+3 und 3+3 JV wurden flügge.
2016 und -17 wurden obere und untere Etage komplett belegt, es verließen zwischen 10 und 12 JV die Nester.
Ich bin damals (zum Glück) nicht auf die Idee gekommen, dass der geringe Abstand (8,5cm) zwischen den beiden Einflugöffnungen der mittleren Etage eine Besiedlung verhinderte. Mir war aufgefallen, dass es in diesen Nistkammern immer deutlich heller war als in den vier anderen, da durch die mittige Lage der Öffnungen mehr Licht auch bis zu den Brutmulden gelangte. Deshalb verengte ich den inneren Durchgang der mittleren Etage mit Sperrholz, sodass es hier in etwa so dunkel wurde wie in den anderen vier Kammern.
2018 wurde auch in der mittleren Etage das erste Mal gebrütet, ab 2019 waren immer alle Kammern belegt. Die Anzahl der betrug aber maximal 12, da mal in einer Kammer nicht gebrütet wurde oder durch Rolleier oder kleinere Gelege bessere Ergebnisse verhindert wurden.
2020 habe ich die Ränder der Nistmulden erhöht, um ein unabsichtliches Wegrollen von Eiern zu erschweren. Es traten aber keine wesentlichen Veränderungen ein, so dass ich davon ausgehe, dass Eier meist aktiv entfernt werden.
2022 hatte ich hier mein bisher bestes Ergebnis: 5 Dreier- und ein Vierer-Gelege. Im Vierer Gelege fand ich erst beim Reinigen einen mumifizierten sehr kleinen JV. Außerdem wurde aus diesem und einem weiteren Nest je ein Ei verrollt, so dass an Ende 16 junge Segler auf die Reise gingen.
Warum diese so umfangreiche Vorstellung eines Nistkastens? Zuerst einmal natürlich, weil es mir Spaß gemacht hat. Dann aber auch, weil ich bei der Vorstellung Eurer Kolonien keine vergleichbaren Kästen gefunden habe. Gerade an kleinen Giebelfenstern kann man so eine recht komfortable Nistgelegenheit anbieten (Komfortabel für Segler und Beobachter). Mir fallen z.B. Koloniebilder von Michi und Spyr ein, wo ein innenliegender Kasten funktionieren könnte.
in der Hoffnung, eure Geduld nicht überstrapaziert zu haben, verabschiede ich mich für heute.
Liebe Grüße H.-G.
P.s. Die Vorstellung der anderen Kolonieteile wird mit Sicherheit viel kürzer ausfallen. Übrigens spielen die oben erfolglos ausgemusterten Kästen da dann doch noch eine Rolle

. Die Geschichte geht weiter
