Guten Abend zusammen,
bei uns sind alle Schwalben weg. Es ist nass und sehr kalt geworden. Bis zuletzt war unser Haus morgendlich Meetingpoint von ca 100 Schwalben
das macht mir ganz sehr Hoffnung für die nächste Schwalbensaison. Dieser Beitrag von Kirstin Zoller bei Facebook leider gar nicht:
https://www.facebook.com/Kiri.Zoll/post ... 6511860849
Neben der aktuellen Lage geht es auch um Kriterien, die Hilfsbedürftigkeit zurückgebliebener Schwalben einzuschätzen, wann man einschreiten sollte, und wie man helfen kann.
Für die, die nicht bei FB sind, hier der Text:
"Eigentlich wollte ich endlich wieder ein Zöglingsupdate machen. Das muss aber jetzt noch einige Tage warten, da dieses Thema brandaktuell und wichtig ist:
Schwalben zu spät auf dem Zug?
Täglich erreichen mich zahllose Anrufe, dass die Schwalben schon weg sind aber zwei oder drei zurückgeblieben seien – ob da Handlungsbedarf ist?
Diese Frage lässt sich nicht ganz einfach beantworten, da wir dieses Jahr eine extrem zweigeteilte Sachlage in Deutschland haben:
Im Süden und in der Mitte Deutschlands scheint sich die Situation für die Schwalben dramatisch zuzuspitzen. Die extremen Dürren und die Hitze dieses Jahr haben es den Schwalben bereits im Sommer schwer gemacht, sich und ihre Bruten zu ernähren, weil angesichts der Trockenheit kaum Insekten schlüpfen konnten und das frühere Abernten der Felder auch noch die letzten Insektenverstecke vernichtete.
Das hat auch zur Folge, dass die Schwalben jetzt, wo die Zugsaison angefangen hat, bereits geschwächt aufbrechen. Sie sind darauf angewiesen, während des Zuges ausreichend Nahrung zu finden, da sie ohne Reserven nicht lange ohne durchhalten.
Nun stauen sich die Schwalben vor den nicht passierbaren Alpen bei teilweise verheerend schlechtem Wetter, kühlen Temperaturen und kaum vorhandenen Insekten in Mittel- und Süddeutschland.
Die Wildvogelhilfen aus den Regionen melden dramatische Fallzahlen von geschwächt und ausgehungert aufgefundenen Schwalben und solchen, die einzeln oder in Gruppen hilflos in Mauernieschen oder Gebäuden hocken. Diese Schwalben in Mittel- und Süddeutschland sind vielfach hilfsbedürftig!!!
Ganz anders hier im Norden:
Besonders in Schleswig Holstein aber auch noch im nördlichen Niedersachsen haben wir einen deutlich moderateren Sommer erlebt und durch die Meere auch immer höhere Luftfeuchtigkeit. Wir hatten massenweise Insekten und haben sie vielerorts noch immer.
Hier ist alles noch grün, wechselhaftes Wetter, mit vielen sonnigen und warmen Abschnitten und eine vielerorts Busch/Knick reiche Vegetation, die Küsten mit den vegetationsreichen Dünen und Schilfgürteln sowie viele Feuchtgebiete bieten immer noch reichhaltige Jagdreviere für die Schwalben.
Dort, wo diese immer noch idealen Jagdbedingungen vorhanden sind, jagen zur Zeit massenhaft Schwalben, während aus zwei Orten weiter Meldungen kommen, wie im Süden: „Hilfe, hier sind alle weg, nur 3 Schwalben sitzen noch im Stall. Brauchen die Hilfe?“ Nein, wenn sie tagsüber draußen jagend unterwegs sind und nur zum Schlafen rein kommen, brauchen diese Schwalben noch keine Hilfe, auch wenn sie Abends aufgeplustert im Stall herumsitzen. Sie plustern sich auf, um sich in den kalten Nächten zu wärmen. Generell gilt hier: Wenn eine Schwalbe tagsüber während guter Wetterabschnitte draußen herumfliegt und jagt und lediglich für die Nacht oder bei Regenschauern/Gewitter rein kommt, sollte man sie in Ruhe lassen und nicht versuchen, zu sichern, denn die Fluchtversuche und der Stress kosten die Schwalben Unmengen an Energie, die sie für den Zug benötigen. Das gilt auch für die Situation, wo alle anderen weg sind und nur noch ein, zwei oder drei zurück geblieben sind.
Wenn noch Schwalben im Nest sitzen (was hier oben im Norden noch sein kann) sollte man genau beobachten, ob die Eltern noch intensiv füttern. Solange die Eltern sich kümmern (in dem Fall ist der Kot der Schwalben immer schwarz/weiß) ist absolut alles okay. Wenn die Eltern sich nicht mehr kümmern UND der Kot der Nestlinge zunehmend mehr oder nur noch Weißanteil hat, dann benötigen die Nestlinge Hilfe.
Im Süden und der Mitte Deutschlands sieht es anders aus:
Für eventuell noch vorhandene Nestlinge gilt dasselbe wie im Norden. Aber wenn vor allem auch die bereits fliegenden Schwalben scheinbar geschwächt herumsitzen und nur noch sporadische Jagdversuche unternehmen oder es scheinbar keinerlei Nahrung mehr zu fangen gibt, sollte man zunächst einmal genau schauen, wie der frische Kot der Schwalben aussieht. Wenn noch deutlich erkennbare schwarze Anteile im Kot zu sehen sind, finden sie noch Nahrung, sollten aber unbedingt weiter engmaschig beobachtet werden. Wenn sie nur noch weißen Kot absetzen, spricht das dafür, dass sie ausgehungert sind. Diese Schwalben sollte man sichern, um sie aufzufüttern.
Diese Schwalben haben in der Regel ein extrem spitz hervorstehendes Brustbein.
Wichtig ist, dass man sich UNBEDINGT mit einer mit Schwalben erfahrenen Stelle in Verbindung setzt, um nach der Sicherung das weitere Vorgehen genau zu besprechen.
In manchen Fällen kann es reichen, wenn die Schwalben ein paar Tage satt aufgefüttert werden, in anderen benötigen die Schwalben eine professionelle Überwinterungsstelle.
In beiden Fällen muss sich der Finder bitte unbedingt sofort richtig informieren – unabhängig davon, ob er selbst das Auffüttern übernehmen will, oder an eine kompetente Stelle abgeben will. Die Schwalben haben keinen einzigen Tag zu verlieren darum darf nicht der kleinste Fehler passieren – weder bei der Auswahl der Futterinsekten, noch bei der Auswahl der Zusätze. In der FB Gruppe „Wildvogelhilfe-Notfälle“ bekommt man die nächstgelegenen kompetenten Schwalbenpflegestellen vermittelt, mit denen man dann schnellstens in Kontakt treten sollte.
Und wie immer: Bitte KEINERLEI Flüssigkeiten eingeben und absolut KEINE ANDERE NAHRUNG als frisch geklatschte Fliegen und Heimchen aus Tiefkühlung.
Die Schwalben, die in Schleswig Holstein unterwegs sind tun vermutlich gut daran, wenn sie noch ein wenig hier oben am reich gedeckten Tisch verweilen, bis sich der Stau vor den Alpen aufgelöst hat und die Bedingungen besser werden. Eine sehr wohlgenährte Schwalbe, die sich genug Reserven anfuttern konnte, schafft den Zug über die Alpen auch, wenn sie dort mal einen Tag keine Insekten findet und es relativ kalt ist, denn sie kann ihren Wärmehaushalt aufrecht erhalten und relativ zügig „durchfliegen“. Eine bereits geschwächte Schwalbe wird erfrieren und verhungern."
VG Michi