Hallo Friedrich!
Nochmals Gratulation zur ersten MS-Brut am Storchenhorst. Wenn man mich im letzten Frühling um eine Voraussage gebeten hätte, wären meine Favoriten für den Erstbezug ganz klar die Störche gewesen. Auch Nilgans ganz vorne dabei. Aber Mauersegler? Wohl eher nicht - vielleicht irgendwann nach ganz vielem Anlocken, wenn überhaupt. In diesem Punkt hat Dein Projekt einen Traumstart hingelegt. Super!
Was die Störche betrifft, so könnte es jetzt schwieriger werden, da Du ja schon die ungebetenen Besucher auf dem Horst dokumentiert hast. Sollten die Nilgänse wirklich zur Brut schreiten (und das halte ich für sehr wahrscheinlich), werden sie den Störchen während der Brutzeit nicht den Hauch einer Chance geben, den Horst überhaupt nur kennenzulernen. Nach dem Schlupf der Küken und wenn die das Nest verlassen haben, wird es ihnen wahrscheinlich egal sein. Dann ist es für Adebars aber wohl schon zu spät

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Ihr habt den Horst sicher in guter Absicht mit Erde und Heu verbessert. Das würde den Störchen den Start tatsächlich erleichtern. Leider verbessert das die Situation der brutwilligen Gänse aber noch deutlich mehr, da sie nun die optimale Möglichkeit haben, in der aufgebrachten Streu ihr eigenes Nest sicher anzulegen. Sie hätten - im Gegensatz zu den Störchen - nicht die Möglichkeit, selber Nistmaterial auf die Plattform zu tragen, sondern nutzen das, was gerade da ist für eine Nistmulde und polstern die mit ihren Federn aus.
Es gibt hier in der Nähe seit Jahren einen Storchenhorst (NSG Lange Wiese). Dort wurden vom Naturschutzteam zwei Horste sehr nah zusammen aufgestellt (mit Kameras). In dem zuerst aufgestellten brütete dann schließlich auch ein Paar Weißstörche erfolgreich, die Besiedelung des zweiten wurde stets durch die Alteingesessenen verhindert. Sie nutzten den Horst einfach mit, als Ausweichlandeplatz oder als Ersatzschlafplatz, wenn es durch die heranwachsenden JV im Horst enger wurde. Im zweiten oder dritten Jahr wurde der zweite Horst von einem Paar Nilgänse belegt. Das Ganze schien längere Zeit ein Beispiel friedlicher Koexistenz zu sein - bis einer der Störche beschloss, die Nilgänse zu vertreiben. Es gab damals eine Fotosequenz, in der zu sehen ist, wie der Storch das Nest "entert" und die brütende Gans flieht. Der Storch greift darauf das Gelege an, wird aber Sekunden später von beiden Nilgänsen so heftig attackiert, dass er das Nest um gehend verlassen muss. Seitdem scheint hier zwischen den Parteien Waffenstillstand zu herrschen und dem Storch ist die Motivation zum Immobilien-Neuerwerb wohl gründlich ausgetrieben worden. Die Nilgänse verloren bei dem Angriff drei Eier. Drei Küken verließen später das Nest. In den folgenden Jahren schienen sich Störche und Nilgänse zu dulden.
Wenn auf Deinem Horst bereits ein Storchenpaar etabliert wäre, könnte die Motivation bei der Rückkehr aus dem Winterquartier ausreichen, um die Gänse zu vertreiben (Störche scheinen ihren Brutnestern mindestens so verbunden zu sein wie unsere Mauersegler, aber wenn die Gänse bereits Eier im Nest hätten, wäre ich selbst da nicht sicher). Ein Storch, der einen neuen Nistplatz erst vorsichtig kennenlernen will, wird sicher an der entschlossenen Gegenwehr der "Fehlbeleger" scheitern.
Was tun? Natürlich kannst Du abwarten. Günstigstenfalls haben die Nilgänse irgendwo in der Nähe einen geeigneteren Platz gefunden. Sollten sie doch da oben nisten, kann man sie auch gewähren lassen. Das fühlt sich sicher irgendwie falsch und ein bisschen enttäuschend an, aber Nilgänse sind treusorgende Eltern, sicher interessant zu beobachten. Leider in der Zeit der Jungenaufzucht auch sehr aggressiv. Allerdings für Mauersegler komplett ungefährlich. Sie würden da, solange sie selber brüten, sogar gute Beschützer sein, da sie Krähen, Falken und Co sicher auf Distanz halten.
Man könnte auch das Gelege der Gänse entfernen und hoffen, dass die darauf hier nicht wieder neu anfangen werden (ich weiß aber nicht, ob das wirklich erlaubt ist und da solltest Du Deine Bekannten aus der Jägerschaft um Rat fragen). Ansonsten wäre es sicher günstiger, die Streu auf dem Storchennest im nächsten Jahr erst sehr kurz vor der Rückkehr der gewünschten Bewohner aufzubringen, da Gänse dann nicht ganz soviel Zeit hätten, sich häuslich niederzulassen.
So oder so - es bleibt spannend. Halte uns auf dem Laufenden. Als Mauerseglerfreund freue ich mich tatsächlich noch mehr über das, was unter den Nest brütet, als über die "Oberschicht". Ich warte jedes Jahr mit Vorfreude auf die Rückkehr der Schwarzweissen (auf meinem Weg zur Arbeit komme ich an mindestens zwei Nestern vorbei), finde sie auch sehr beeindruckend. Da mein Herz aber immer auch für Frösche, Molche und Verwandte schlägt, sehe ich die Zunahme bei uns in der Gegend allerdings mit einem lachenden und einem weinenden Auge (dafür wiederum können die Störche nichts und ich mag sie ja auch wirklich).
Ich werde mich einfach - wie Du ja wahrscheinlich auch - überraschen lassen. Viel Erfolg!
Liebe Grüße H.-G.